Daten-Schutz-Beauftragter zur BSB

 

dsb datenschutzbeauftragter kanton zürich

Stadt Bülach
Monitoring – Aktivitäten
– Bericht der Kontrolle

 

Inhaltsverzeichnis

1 Ausgangslage…………………………………………………………………… 2

2 Kontrolle…………………………………………………………………………. 2

3 Sachverhalt………………………………………………………………………. 3

4 Gesetzliche Grundlagen………………………………………………………. 4

4.1 Geltungsbereich des IDG…………………………………………………… 4

4.2 Bearbeiten im Auftrag………………………………………………………. 4

4.3 Personendaten……………………………………………………………….. 5

4.4 Grundsätze der Gesetzmässigkeit und der Verhältnismässigkeit… 5

5 Rechtliche Beurteilung………………………………………………………… 6

5.1 Was ist ein Monitoring? ……………………………………………………. 6

5.2 Gesetzmässigkeit……………………………………………………………. 6

5.3 Verhältnismässigkeit……………………………………………………….. 7

5.4 Ergebnis ………………………………………………………………………. 9

6 Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen……………………………. 10

 

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1 Ausgangslage

Anfangs August 2014 erschienen Medienberichte, wonach der Stadtrat von Bülach 2013 eine Kommunikationsagentur mit verschiedenen Kommunikationsaktivitäten beauftragt hatte. Dazu gehörten die Erstellung eines Kommunikationskonzepts und die kommunikative Begleitung von Grossprojekten der Stadt Bülach (Zürcher Unter­ länder vom 4. August 2014) wie auch ein Monitoring1 betreffend Aktivitäten der Gruppierung «BeC?bachter Stadt Bülach» (NZZ am Sonntag vom 10. August 2014).

Der Datenschutzbeauftragte wurde betreffend das Monitoring von verschiedenen Personen (Journalisten, Privatpersonen, Vertreter der Stadt Bülach) kontaktiert. Die in der Öffentlichkeit und von der Stadt Bülach aufgeworfenen Fragen in Bezug auf die Abgrenzung zwischen Monitoring und Überwachung erforderten eine Abklärung des Sachverhaltes , um die Rechtmässigkeit und die Verhältnismässigkeit einer sol­ chen Massnahme beurteilen zu können. Der Datenschutzbeauftragte nahm deshalb eine Kontrolle des von der Stadt Bülach durchgeführten Monitorings vor.

2 Kontrolle

Der Datenschutzbeauftragte berät die öffentlichen Organe und privaten Personen in Fragen des Datenschutzes und beaufsichtigt die Datenbearbeitungen der öffentli­ chen Organe (§ 34 Gesetz über die Information und den Datenschutz, IDG, LS 170.4). Im Rahmen seiner Kontrollbefugnisse kann er bei öffentlichen Organen un­ geachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht Auskunft über das Bearbeiten von Personendaten einholen, Einsicht in die Daten nehmen und sich Bearbeitungen vorführen lassen (§ 35 IDG). Stellt er eine Verletzung von Bestimmungen über den Datenschutz fest, gibt er eine Empfehlung ab, welche Massnahmen zu ergreifen sind (§ 36 IDG). Er und seine Mitarbeitenden sind in Bezug auf Informationen, die sie bei ihrer Tätigkeit zur Kenntnis nehmen, zur gleichen Verschwiegenheit ver­ pflichtet wie das öffentliche Organ (§ 38 IDG).

Mit Schreiben vom 28. August 2014 gelangte der Datenschutzbeauftragte zwecks Abklärung des Sachverhalts an die Stadt Bülach. Er stellte diverse Fragen und ver­ langte Unterlagen. Der Stadtschreiber beantwortete die gestellten Fragen mit Schreiben vom 16. September 2014 und dokumentierte die Antworten mit den ver­ langten Unterlagen. Am 1. Oktober 2014 nahm er im Rahmen eines Interviews zu­ dem mündlich Stellung zum Sachverhalt und beantwortete zusätzliche Fragen. Der Datenschutzbeauftragte konsultierte ausserdem die Webseiten der Stadt Bülach2 und der Bürgervereinigung Beobachter Stadt Bülach (BSB)3.


1 Zum Begriff Mönitoring siehe unten, Ziffer 5.1.
2 www.buelach.ch, zuletzt besucht am 6. Oktober 2014.
3 www.beobachter-stadt-buelach .ch, zuletzt besucht am 6. Oktober 2014.

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Der Entwurf des Kontrollberichts wurde der Stadt Bülach am 6. November 2014 zugestellt und am 12. November 2014 mit Mark Eberli, Stadtpräsident, und Christian Mühlethaler, Stadtschreiber, besprochen.

3 Sachverhalt

Aus der Stellungnahme der Stadt Bülach und den eingereichten Unterlagen sowie den öffentlich zugänglichen Informationen der Stadt Bülach und der BSB ergibt sich folgender Sachverhalt.

Der Stadtrat von Bülach nahm sich 2013 vor, seine Kommunikation zu verbessern. Es wurden verschiedene Überlegungen angestellt und Massnahmen ergriffen. Zur Unterstützung wurde eine externe Kommunikationsagentur beigezogen. Die Korn-. munikationsagentur erarbeitete unter anderem ein Kommunikationskonzept zuhan­ den des Stadtrates.

Im August 2013 gründeten zwei ehemalige Stadträte der Stadt Bülach die Bürger­ vereinigung Beobachter Stadt Bülach (BSB). Ziel der BSB ist die «Motivation der Bülacherinnen und Bülacher, am politisch/gesellschaftlichen Leben mitzuwirken. Herstellen von mehr Öffentlichkeit und Transparenz im kommunalpolitischen Mei­nungsbildungsprozess» 4. Die BSB beteiligten sich ab Herbst 2013 aktiv an der . Kommunalpolitik.

Das Auftreten einer neuen politischen Bewegung sowie deren Dynamik und Stil ver­ anlassten den Stadtrat, ein Monitoring betreffend BSB durchführen zu lassen. Ziel war es, die Aktivitäten der BSB auf ihre Auswirkungen für die Kommunikationspolitik zu beobachten und dem Stadtrat Handlungsempfehlungen zu geben. Der Auftrag wurde der Kommunikationsagentur anlässlich einer Sitzung im September 2013 mündlich erteilt.

Die Kommunikationsagentur erstellte einen ersten Monitoring-:Bericht über die Peri­ ode vom 21. August bis 18. November 2013 (9 Seiten einschliesslich Titelseite). Ein zweiter (und letzter) Bericht umfasst den Zeitraum vom 19. November bis 2. Dezember 2013 (8 Seiten einschliesslich Titelseite).

Die Monitoring-Berichte, die identisch aufgebaut sind, beinhalten eine Auswertung von Medienberichten über die BSB, von Leserbriefen und Kommentaren von BSB­ Exponenten oder von Dritten über die BSB, von Webseiten, Flyer und Broschüren sowie eines Briefes der BSB an die Mitglieder des Gemeinderates (Parlament). In den Monitoring-Berichten werden auch einzelne Personen genannt, die im Zusam­ menhang mit den BSB stehen (Mitglieder, Sympathisanten) oder sich zu diesen


4 Ziffer 1.1 der Statuten der BSB.

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geäussert haben. Namentliche Erwähnung finden nebst den BSB zwei politische Parteien, ein Verein und elf Einzelpersonen. Die Berichte sind in Tabellenform dar­ gestellt.

Die Tabellen enthalten in der ersten Spalte das Thema, zum Beispiel «Wahlen 2014» oder «Erste Mitgliederversammlung». Die zweite Spalte ist mit «Aktionen & Reaktionen» betitelt; diese Spalte beinhaltet die Monitoring-Quelle (zum Beispiel eine Webadresse oder einen Medienbericht). In der dritten Spalte wird der eigentli­ che Inhalt der Aktivitäten oder Äusserungen betreffend BSB zusammengefasst wie­ dergegeben. In der vierten und . fünften Spalte geben die Autoren der Berichte Kommentare und Handlungsempfehlungen zuhanden des Stadtrates ab und bewer­ ten die Lage mittels «Ampel»-Markierung (grün = positiv für den Stadtrat, gelb = neutral, rot = negativ für den Stadtrat). Den Tabellen ist ein Fazit vorangestellt.

Anlässlich der Sachverhaltabklärungen fragte der Datenschutzbeauftragte auch danach, ob im Zeitraum von 200.9-2014 im Zusammenhang mit politischen Ereignis­ sen und Entscheidungen, politischen Gruppierungen oder im Vorfeld von Abstim­ mungen und Wahlen andere, vergleichbare Monitoring-Aktivitäten stattfanden, was der Stadtschreiber verneinte.

4 Gesetzliche Grundlagen

4.1 Geltungsbereich des IDG

Das IDG regelt den Umgang der öffentlichen Organe mit Informationen (§ 1 Abs. 1 IDG). Zu den öffentlichen Organen zählen Behörden und Verwaltungen des Kantons und der Gemeinden sowie Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts, soweit sie mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut sind (§ 3 [Abs. 1] IDG).

Die Stadt Bülach ist eine politische Gemeinde. Sie ist damit ein öffentliches Organ im Sinne von § 3 [Abs. 1] lit. c IDG. Die Datenbearbeitungen der Stadt Bülach be­ ziehungsweise ihrer Behörden und Verwaltungsstellen fallen deshalb unter den Gel­ tungsbereich des IDG. Dabei schützt das IDG die Grundrechte sowohl von natürli­ chen Personen als auch von juristischen Personen wie Vereine, Stiftungen oder Gesellschaften.

4.2 Bearbeiten im Auftrag

Lässt ein öffentliches Organ Personendaten durch Dritte bearbeiten (Bearbeiten im

. Auftrag), bleibt es ,für die Datenbearbeitungen verantwortlich (§ 6 Abs. 2 IDG). Der Auftragnehmer darf die Daten nur nach Massgabe der Bestimmungen bearbeiten, die für das öffentliche Organ gelten.

Für die Datenbearbeitungen, welche die Kommunikationsagentur im Auftrag der Stadt Bülach im Rahmen des Monitorings vornahm, gelten die Grundsätze des IDG.

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4.3 Personendaten

Personendaten sind Informationen, welche sich auf eine bestimmte oder bestimm­ bare Person beziehen (§ 3 [Abs. 3] IDG). Informationen sind alle Aufzeichnungen, welche die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen (§ 3 [Abs. 2] IDG). Eine Person ist bestimmt, wenn sich ihre Identität unmittelbar aus den Daten ergibt. Sie ist bestimmbar, wenn sich ihre Identität aus dem Kontext der Daten oder durch Kombination mit anderen Daten ergibt.

Die in den Monitoring-Berichten erwähnten Personen und Organisationen sind na­ mentlich genannt und aufgrund des geografischen und sachlichen Kontextes ohne weiteres bestimmbar.

4.4 Grundsätze der Gesetzmässigkeit und der Verhältnismässigkeit

Ein öffentliches Organ darf Personendaten bearbeiten, soweit dies zur Erfüllung seiner gesetzlich umschriebenen Aufgaben geeignet und erforderlich ist (§ 8 IDG). Die Rechtmässigkeit von Datenbearbeitungen setzt somit eine genügende gesetzli­ che Grundlage sowie die Einhaltung des Verhältnismässigkeitsprinzips voraus. Das Bearbeiten von Personendaten hat zweckgebunden zu erfolgen, das heisst, dass ein öffentliches Organ Personendaten nur zu dem Zweck bearbeiten darf, zu dem sie erhoben worden sind (§ 9 Abs. 1 IDG).

Die Stadt Bülach bearbeitete anlässlich des Monitorings Daten über die BSB sowie über Personen, die den BSB nahe stehen, den BSB angehören oder sich über die BSB öffentlich geäussert haben. Ob für diese Datenbearbeitungen ausreichende Rechtsgrundlagen bestehen und die Datenbearbeitungen verhältnismässig waren, ist nachfolgend zu beurteilen.

Bei den BSB handelt es sich um eine Organisation mit politischer Ausrichtung . In­ formationen über weltanschauliche und politische Ansichten oder Tätigkeiten sind sogenannt besondere Personendaten im Sinne von § 3 [Abs. 4] lit. a Ziff. 1 IDG; der Bearbeitung solcher Daten sind enge Grenzen gesetzt.

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5 Rechtliche Beurteilung

5.1 Was ist ein Monitoring?

Monitoring bedeutet (Dauer)Beobachturng eines bestimmten Systems; Synonyme sind die Begriffe Beobachtung oder Kontrolle5. Monitoring ist ein Überbegriff für alle

Arten der unmittelbaren systematischen Erfassung (Protokollierung), Beobachtung oder Überwachung eines Vorgangs oder Prozesses mittels technischer Hilfsmittel (zum Beispiel Langzeit-EKG) oder anderer Beobachtungssysteme .6

Bei der Medienbeobachtung oder dem Medienmonitoring wird die Präsenz von Themen in den . Medien eruiert. Dazu werden mit bestimmten Suchbegriffen ver­ schiedene öffentliche Quellen (Medien, Websites, Soziale Netzwerke) ausgewertet. Mit einem Medienmonitoring können Kommunikationsziele kontrolliert und Verände­ rungen in der öffentlichen Meinung erkannt werden.

5.2 Gesetzmässigkeit

Die politischen Gemeinden nehmen alle öffentlichen Aufgaben wahr; für die weder Bund noch Kantone zuständig sind (Art. 83 Abs. 1 Kantonsverfassung, KV, LS 101;

§ 15 Gemeindegesetz, GG, LS 131.1). Im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung organi­ sieren sie sich selbst (Art. 89 Abs. 1 KV, § 14 Abs. 1 GG); sie geben sich dazu eine Gemeindeordnung.

Die Gemeindeordnung der Stadt Bülach vom 10. Juni 2001 (GO, Stand 24. Januar 2007) regelt in Art. 25 ff . die Stellung und Aufgaben des Stadtrates als leitende, pla­ nende und vollziehende Behörde der Stadt. Der Stadtrat ist in allen Angelegenhei ­ ten zuständig, die nicht einem anderen Organ übertragen sind (Art. 32 Abs. 1 GO).
Er erlässt unter anderem eine Geschäftsordnung und ein Verwaltungs- und Organi­ sationsreglement (Art. 30 lit. b und c GO).

Art. 7 des Verwaltungs- und Organisationsreglements vom 11. Juli 2012 (VOG) re­ gelt die Kommunikation des Stadtrate?. Der Stadtrat ist verantwortlich für eine rasche, umfassende und sachliche Information des Gemeinderats und der Öffentlich­ keit (Art. 7 Abs. 1 VOG) und pflegt eine offene, verantwortungsbewusste Kommuni­ kationspolitik , auch bei Konflikten (Art. 7 Abs. 2 VOG).
Als Informationsbeauftragter amtet der Stadtschreiber im Rahmen des Informationskonzepts der Stadt Bülach (Art. 7 Abs. 4 VOG).

Das Informationskonzept vom Februar 2002 bestimmt in Ziffer 2.2, dass der Stadtrat die Öffentlichkeitsarbeit für alle seine Geschäfte festlegt. Bei abteilungsübergreifen­ den Geschäften bezeichnet er einen «Informationsleader», der für die Auskunftser­ teilung zuständig ist. Für die Informationsgestaltung bei Geschäften mit grosser Tragweite kann eine PR- oder Kommunikationsagentur beigezogen werden.


5 http://www.duden.de/rechtschreibung/Monitoring, besucht am 7. Oktober 2014.
6 http://de.wikipedia.org/wiki/Monitoring, besucht am 7. Oktober 2014.

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Die Informations- und Kommunikationsaktivitäten gehören zu den Kernaufgaben einer Behörde oder Verwaltung. Rechtsgrundlagen für die Informations- und Kom­ munikationsaufgaben einer Gemeinde sind insbesondere §§ 14 und 15 IDG und

§§ 68a und 68b GG. Die Stadt Bülach hat darüber hinaus im VOG und im Informati­ onskonzept weitere Konkretisierungen dieser Bestimmungen getroffen.

Zur Öffentlichkeitsarbeit einer Behörde gehört einerseits die Veröffentlichung im engeren Sinne, anderseits auch die Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit, zum Bei­ spiel die Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie oder ein Medienmonitoring anlässlich eines konkreten Vorhabens. Mit einem Medienmonitoring erhebt eine Behörde Veröffentlichungen und Äusserungen zu bestimmten Themen. Anlässlich eines solchen Monitorings werden auch öffentliche Meinungsäusserungen einzelner Personen oder Organisationen erfasst und damit Personendaten bearbeitet. Ein Medienmonitoring und die damit verbundenen Datenbearbeitungen lassen sich grundsätzlich auf die erwähnten Rechtsgrundlagen abstützen. Im konkreten Fall – Monitoring der BSB durch die Stadt Bülach – ist zu prüfen, ob das Monitoring ver­ hältnismässig war.

5.3 Verhältnismässigkeit

Staatliches Handeln muss verhältnismässig sein, das heisst es darf nur soweit in Rechtspositionen betroffener Personen und Organisationen eingreifen, als es für die Aufgabenerfüllung geeignet und erforderlich ist (Art. 36 Abs. 3 Bundesverfassung). Dieser Grundsatz gilt auch für das Bearbeiten von Personendaten: Personendaten dürfen nur bearbeitet werden, soweit es für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben geeignet und erforderlich ist (§ 8 IDG).

Bei einem Medienmonitoring werden öffentliche Quellen hinsichtlich eines bestimm­ ten Sachverhaltes oder Themas ausgewertet. Die Auswertung orientiert sich am Thema , zum Beispiel «Bau eines neuen Sportzentrums». Der Zweck der Datener­ hebung zielt somit nicht primär auf bestimmte Personen oder Organisationen , son­ dern auf einen Sachverhalt beziehungsweise ein Thema. Das Medienmonitoring soll ermitteln, welche Personen und Organisationen sich mit welchen Meinungen und Argumenten zum Thema äussern. Nebst dem Medienmonitoririg von Sachthemen sind auch Medienmonitorings betreffend die eigene Organisation (Behörde oder einzelne Funktionsträger , zum Beispiel «Stadtrat» oder «Stadtpräsident») verbreitet.

Der konkrete Fall – Monitoring betreffend BSB – liegt anders. Bei diesem Monitoring ging es darum, Aktivitäten und Äusserungen einer bestimmten Organisation (BSB) sowie Haltungen Dritter zu dieser Organisation zu beobachten. Im Fokus dieses Monitorings standen nicht ein Sachverhalt oder ein Sachthema , sondern eine Orga­nisation und Personen.

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Es stellt sich die Frage, inwieweit das Monitoring einer bestimmten politischen Gruppierung und deren Mitglieder oder Sympathisanten sowie di Haltungen Dritter zu dieser Organisation für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben eines Stadtrates geeignet und erforderlich ist.

Die Monitoring-Berichte stellen unter anderem die Entwicklung der Mitgliederzahl oder der Website der BSB (welche neuen Links oder neue Inhalte gibt es, gibt es externe Links auf die BSB oder „Likes“ auf Facebook usw.) dar. Weiter wurde die Nomination von Kandidaten für die Stadtratswahlen mitverfolgt und es wurden deren Wahlchancen sowie die Auswirkungen einer allfälligen Wahl beurteilt. Die Berichte geben auch Handlungsempfehlungen ab, wie die Entwicklung der Mitgliederzahlen oder die Facebook-Attraktivität der BSB zu verfolgen seien.

Der Stadtrat führte zur Begründung der Monitoring-Aktivitäten aus, dass das Auftre­ ten und der Stil der BSB Auswirkungen auf die unlängst eingeleiteten Änderungen der Kommunikationspolitik hatten. Er habe dies zum Anlass genommen, die Aktivitä­ ten und Äusserungen der BSB mittels eines Monitorings zu verfolgen, um seine Kommunikation besser gestalten zu können. Auch wenn diese Motivation des Moni­ torings nachvollziehbar erscheint, genügt dies nicht, um die Aktivitäten und Äusse­ rungen einer bestimmten Gruppierung systematisch zu beobachten.

Der Stadtrat wies ausserdem darauf hin, dass sich das Monitoring nur aus öffentli­ chen Quellen wie Presseartikel, Websites , öffentlich zugängliche soziale Netzwerke usw. bedient habe. In den Monitoring-Berichten kommen zwar tatsächlich nur Infor­ mationen vor, die öffentlich zugänglich sind und einen Bezug zu den BSB haben, das heisst, es fanden zu keinem Zeitpunkt Beobachtungen von privaten oder ge­ schäftlichen Aktivitäten von BSB-Exponenten statt. Gleichwohl reicht auch diese Beschränkung des Monitorings nicht aus. So darf der Staat auch öffentlich zugängli­ che Informationen über eine ·Person oder Organisation nur dann systematisch be­

obachten und auswerten, wenn hierfür explizite Rechtsgrundlagen bestehen7.

Trotz dieser subjektiv nachvollziehbaren Argumente des Stadtrats erscheinen di.e konkreten Beobachtungen und Auswertungen im Rahmen eines Monitorings objek­ tiv als zu weit gehend und deshalb nicht verhältnismässig.

Ein Stadtrat benötigt für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben weder Informa­ tionen über das Wachstum einer bestimmten politischen Grppierung noch über deren inhaltliche Positionierung noch über deren Wahlchancen anlässlich einer be-

. vorstehenden Legislativ- oder Exekutivwahl. Der Stadtrat hat neutral, sachlich und umfassend zu informieren. Wie sich eine bestimmte politische Gruppierung äussert, hat den Stadtrat jeweils nur im Kontext eines Vorhabens oder eines Themas zu inte­ ressieren und auch nur dann, wenn er sich auch über die Meinungen anderer Grup-


7 Zum Beispiel die Strafprozessordnung.

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pierungen ein Bild machen will.8 Selbst einer solchen Analyse wären aber enge Grenzen gesetzt. Der Ansatz des Monitorings im konkreten Fall der BSB, der von einer bestimmten Gruppierung und deren Mitglieder und Sympathisanten ausgeht und die Aktivitäten und Äusserungen dann in Relation zu einzelnen Themen setzt, läuft auf eine Beobachtung oder Überwachung der Gruppierung und der Personen hinaus.

Als verhältnismässig wäre die Situation zu beurteilen, wenn sich der Stadtrat nach Auftreten der BSB als neue Gruppierung in der kommunalpolitischen Landschaft im Sinne einer Momentaufnahme ein Bild darüber verschafft hätte, wer die BSB sind und welche Themen für den Stadtrat von Interesse sind. Die BSB hatten sich ver­ schiedentlich öffentlich zu einzelnen Entscheiden des Stadtrates und zu dessen Kommunikationspolitik geäussert. Angesichts der Tatsache, dass sich der Stadtrat mit seiner Kommunikationspolitik gerade neu positionieren wollte, wäre eine solche Momentaufnahme legitim gewesen. Ein Monitoring über einen unbestimmten oder längeren Zeitraum (zweieinhalb Monate) geht jedoch zu weit.

5.4 Ergebnis

Das Monitoring der Stadt Bülach betreffend .BSB erweist sich somit als nicht verhältnismässig.

Einerseits ist das gesamte Monitoring an sich nicht verhältnismässig. Es gehört nicht zu den Aufgaben einer Exekutivbehörde, Informationen über eine bestimmte politische Gruppierung überhaupt zusammenzutragen und auszuwerten. Hierfür fehlt es auch an gesetzlichen Grundlagen; die oben, Ziffer 5.2 dargelegten Rechts­ grundlagen für die Informations- und Komm1:mikationsaktivitäten legitimieren kein Monitoring einer bestimmten Person oder Gruppierung, sondern lediglich ein Medi- . enmonitoring zu einem Sachthema .

Anderseits sind auch die von der beauftragten Kommunikationsagentur abgegebe­ nen einzelnen Handlungsempfehlungen mindestens teilweise unverhältnismässig. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Stadtrats, beispielsweise das Wachstum, die inhaltliche Positionierung oder die Wahlchancen einer bestimmten politischen Grup­ pierung aktiv zu verfolgen und zu bewerten. Immerhin bestehen aufgrund der Sach­ verhaltsabklärungen des Datenschutzbeauftragten keine Hinweise, dass der Stadt­ rat diesen Handlungsempfehlungen systematisch nachgekommen wäre.

Rechtlich unerheblich ist die Tatsache, dass das Monitoring durch eine beauftragte Kommunikationsagentur (und nicht durch die Stadt Bülach selbst) durchgeführt wur-


 

8 Als verhältnismässig könnte deshalb ein Medienmonitoring im Zusammenhang mit einem konkreten Vorhaben angesehen werden, zum Beispiel «Wie stellen sich die politischen Parteien und Gruppierungen zum Bau eines neuen Sportzentrums und mit welchen Argumenten?».

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de. Ein von einem öffentlichen Organ beauftragter Dritter darf Daten nur soweit be­arbeiten als es auch das öffentliche Organ selbst darf.

6 Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Der Datenschutzbeauftragte beurteilt das Monitoring der Stadt Bülach betreffend BSB als nicht verhältnismässig . Für ein Medienmonitoring bestehen zwar gesetzli­ che Grundlagen, diese umfassen jedoch nur ein Monitoring der eigenen Organisati­ on beziehungsweise Behörde oder ein Monitoring eines bestimmten Themas oder Vorhabens. Das Monitoring einer bestimmten politischen Gruppierung und deren Mitglieder oder Sympathisanten ist für die Aufgabenerfüllung eines Stadtrats nicht erforderlich.

Für die Stadt Bülach besteht deshalb folgender Handlungsbedarf:

Die Monitoring-Berichte sind das Ergebnis unverhältnismässiger Datenbearbeitungen: Die Stadt Bülach hat die Berichte und allenfalls weitere in diesem Zusammen­ hang aufbewahrte Dokumente (zum Beispiel die ausgewerteten Quellen) deshalb zu vernichten. Zur Nachvollziehbarkeit des staatlichen Handelns dürfen lediglich die Titelseiten der beiden Monitoring-Berichte aufbewahrt werden.

Die Stadt Bülach bestätigt dem Datenschutzbeauftragten innert 30 Tagen nach Er­ halt des definitiven Berichts schriftlich die (physische) Vernichtung beziehungsweise die (elektronische) Löschung der Berichte und der weiteren Dokumente.

Zürich, 17. November 2014

Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich

Der Beauftragte

Dr. iur. Bruno Baeriswyl

Verteiler im Original

  • Stadtrat von Bülach, Marktgasse 28, 8180 Bülach
  • Akten Datenschutzbeauftragter

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  • Den Original – Bericht des Daten-Schutz-Beauftragten, Kanton Zürich, können Sie sich hier als pdf – Dokument anschauen. (Öffent sich in einem neuen Fenster.)
  • Die Medienmitteilung der Stadt Bülach zeigen wir Ihnen hier. (Öffent sich in einem neuen Fenster.)