Alte Giesserei-Fassade löst politischen Konflikt aus

Alte Giesserei-Fassade löst politischen Konflikt aus

(aus Zürcher Unterländer)
Erstellt: 27.09.2017, 10:28 Uhr

Hat Stadtrat Hanspeter Lienhart (SP) in Bülach Nord ­bewusst Vorteile für die Allreal geschaffen? Ja, wenn es nach der Bürgervereinigung Beobachter Stadt Bülach (BSB) geht. Lienhart weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer groben Verletzung der Wahrheit.

Fassade Giesserei Bülach

Die Ziegelsteinfassade der ehemaligen Giesserei wurde unter Denkmalschutz gestellt.Bild: Francisco Carrascosa

Die BSB gibt auf ihrer Website an, Klartext zu sprechen in Angelegenheiten, welche die Medien unterschlagen, die Parteien nicht zu sagen wagen und der Stadtrat vernachlässigt. Deshalb ist es ­keine Seltenheit, dass sie die Arbeit der Bülacher Stadträte kritisch hinterfragt. Dass es dabei zu einem regelrechten Streit kommt, ist nicht an der Tagesordnung.

Eine Meldung, die auf Stadtrat Hanspeter Lienhart abzielt, sorgt jetzt aber für Diskussionsbedarf. Eine erste, scharf formulierte Fassung des Berichts hat die BSB auf Druck von Lienhart abge­ändert. In der abgeschwächten Version wird dem Stadtrat noch immer vorgeworfen, die Ziegelsteinfassade an der Schaffhauserstrasse ohne Druck von der kantonalen Denkmalpflege unter Denkmalschutz gestellt und damit «irgendjemandem» einen Vorteil verschafft zu haben.

BSB-Vorwürfe als Lügen bezeichnet

BSB-Präsident Bruno Wermelinger sagt: «Wir wissen, dass der Stadtrat für die Erschliessung in Bülach Nord von den Bauherren viel zu wenig Geld eingefordert hat.» Das hat die gemeinderät­liche Fachkommission, wo auch Andres Bührer von der BSB Einsitz nimmt, korrigiert. Die Bauherrschaft erklärte sich darauf bereit, 6,5 Millionen Franken mehr zu bezahlen. «Dass die Allreal ohne weiteres so viel Geld in die Hand nimmt, zeigt, dass Lienhart ihr unglaublich entgegen­gekommen sein muss», meint Wermelinger.

Lienhart weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als völlig verfehlt: «Auch was die BSB in der abgeschwächten Version schreibt, ist eine grobe Verletzung der Wahrheit. Eine Lüge.» Deshalb konfrontierte der Stadtrat die BSB erneut und machte sie darauf aufmerksam, dass der Eintrag auf der Website einer ­Irreführung der Bevölkerung entspricht. Die Meldung steht bis heute unverändert auf der Website. «Und das bleibt auch so», sagt Bruno Wermelinger.

Lienhart: «Denkmalpflege stellte Antrag»

Hauptstreitpunkt bleibt die denkmalgeschützte Fassade der Giesserei. Lienhart: «In ihrem Gutachten kam die kantonale Denkmalpflege-Kommission zum Antrag, dass die Gussfassade und der Sandturm in die geplante Neuüberbauung zu integrieren seien.» Laut Bruno Wermelinger ist das unwahr: «Der Kanton sagte, dass es möglich sei, die Fassade und den Turm unter Denkmalschutz zu stellen. Sie haben den Stadtrat aber weder dazu gedrängt noch dies beantragt.»

Entscheidend ist hier Artikel 203 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich. Er definiert, welche Objekte zu schützen sind. Darin heisst es unter an­derem: «Über die Schutzobjekte erstellen die für Schutzmassnahmen zuständigen Behörden Inventare. Die Inventare stehen bei den Gemeindeverwaltungen am Ort der gelegenen Sache, die überkommunalen überdies bei der zuständigen Direktion zur Einsichtnahme offen.» Laut Wermelinger war das bei der Guss­fassade nicht der Fall.

BSB: «Abbruch der Fassade wäre korrekt gewesen»

Der Artikel 204 des Planungs- und Baugesetzes schreibt zudem vor: «Staat, Gemeinden sowie ­jene Körperschaften, Stiftungen und selbstständigen Anstalten des öffentlichen und des privaten Rechts, die öffentliche Aufgaben erfüllen, haben in ihrer Tätigkeit dafür zu sorgen, dass Schutz­objekte geschont und, wo das ­öffentliche Interesse an diesen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben.» Für den BSB-Präsidenten ist das öffentliche Interesse an der Ziegelsteinfassade nur sehr schwer nachzuweisen. «Ich bin noch immer überzeugt, der ersatzlose Abbruch und ein Anpassen der Baulinie wären korrekt gewesen», sagt Bruno Wermelinger.

Stadtrat Hanspeter Lienhart entgegnet: «Selbstverständlich ist es auch Ansichtssache, ob einem persönlich die Unterschutzstellung gefällt oder nicht. Was aber nicht geht, ist, mit der Veröffentlichung von Unwahrheiten und nicht zu belegenden Vermutungen politisches Kapital zu schlagen.»


Antwort der BSB von Andres Bührer:

Stadträtlicher Backsteinsch(m)utz

Zugegeben: Die ursprüngliche Formulierung unter www.beobachter-stadt-buelach.ch, wonach der kantonale Denkmalpfleger über die Unterschutzstellung der Bülacher Gussbaute lacht, war unglücklich gewählt. Auf ersuchen von Stadtrat Lienhart haben wir dies längst angepasst, doch wenig überraschend gefällt es ihm auch jetzt nicht. Also beleuchten wir doch das Thema:

Die Fassade und der Turm des Gussbaus in Bülach Nord wurden vom Bülacher Stadtrat unter Schutz gestellt. Als Begründung dafür verweist Stadtrat Lienhart auf einen Antrag des kantonalen Denkmalpflegers, wonach diese Gebäudeteile Schutzobjekte nach PBG Artikel 203c sind und in die Neuüberbauung integriert werden sollen. Das Dokument liegt mir vor. Doch deutscht man die Gesetze aus, so heisst dies einzig, dass der Stadtrat verpflichtet war und ist, bei “überwiegendem öffentlichen Interesse“ für den Erhalt der Bauten und für deren “Schonung“ zu sorgen. Zudem lässt das Gesetz auch Ersatzneubauten zu, erzwingt diese jedoch nicht mal.

Ob einem gefällt, dass der Bau erhalten bleibt, ist nicht relevant, denn die Bauherrschaft hätte ihn so oder so stehen lassen können. Doch den Schutz dieses Baus gibt es einzig, weil die amtierenden Stadträte dies so wollten. Und dass sie dies nicht offen liessen, und auch keine Korrektur der Baulinie entsprechend örtlicher Standards suchte, ist bestimmt im überwiegenden Interesse von jemandem, aber nicht in jenem der Stadt Bülach und ihrer Bevölkerung.

Fake-News und ein Aufführen wie Donald Trump nennt die SP Bülach solche Klarstellungen der BSB, und erfindet gleich selber dazu noch als weitere Unwahrheit, der kantonale Denkmalpfleger hätte die BSB zur Korrektur ihres Homepageartikels aufgefordert. Nein, solche “Kontinuität“, mit auch noch einer 6. Amtszeit von Stadtrat Lienhart, braucht Bülach eher nicht. Aber eine Kontinuität wird es geben: Die BSB wird auch weiterhin Klartext sprechen und schreiben.

 

Andres Bührer
BSB Gemeinderat, Bülach