Gesamtverkehrskonzept (GVK) der Stadt Bülach

 

Schöngeist vor Funktionalität

Bülach nutzt und gestaltet seine günstige Verkehrslage und schützt die Wohnlichkeit mit einer auf das Siedlungsstruktur abgestimmten Verkehrsplanung“.

So lautete der Auftrag des Stadtrates an die Kommission GVK.

Wenn der Stadtrat eine Kommission einsetzt und dieser ein bezahltes (auswärtiges) Ingenieurbüro an die Seite gibt, delegiert er den wichtigsten Teil seiner eigentlichen Aufgabe, nämlich die Langfristplanung. Das ist eine strategische Funktion, gemäss WOV (Wirkungsorientierte Verwaltungsführung) die wichtigste Arbeit der Exekutive.

Selbstredend zeichnet nicht ein Stadtrat die Pläne und selbstverständlich tut die Exekutive gut daran, in einem basisdemokratischen Verfahren, viele Interessenvertreter miteinzubeziehen.

Der Stadtrat, wenn er wirklich strategisch führen will, muss sich, will er diese Planungsaufgabe delegieren, ernsthafte Gedanken über die Zusammensetzung der Kommission machen. Ebenso muss er das zu beauftragende Ingenieurbüro sehr sorgfältig evaluieren. Sonst kann es falsch herauskommen! Wenn er sich bei dieser Delegation verrechnet, werden die langfristigen planerischen Weichen mit fatalen Folgen für Bülachs Wohlfahrt falsch gestellt. Oder, wenn der Stadtrat das ihm eingereichte Konzept anzweifelt, riskiert er eine Konfrontation mit der eingesetzten Kommission.

Im Fall der Kommission Gesamtverkehrskonzept Bülach hat der Stadtrat die obigen Erkenntnisse vollständig missachtet und entsprechend ist das Ergebnis des Mitte 2011 abgelieferten Berichts. Offensichtlich hat der Stadtrat diesen Bericht durchgewinkt und das Parlament war nicht in der Lage, das Konzept zu überarbeiten.

Folgende Weichen wurden zu Beginn der Uebung falsch gestellt:

  • Der Kommissionsvorsitz wurde dem Bauvorsteher übertragen. Soweit richtig. Doch bei einem derart wichtigen Prozess sind ihm ein bis zwei weitere Exekutivmitglieder beizustellen.

  • Als Sekretär der Kommission ist der Tiefbausekretär bestimmt worden. In eine derart wichtige Kommission gehört aber dessen Vorgesetzter, der Chef Bau und Planung der Stadt Bülach.

  • Die übrigen Kommissionsmitglieder sind einseitig bestimmt worden. 9 von 13 Mitgliedern vertreten Velofahrer, Behinderte, Busse, öffentlicher Verkehr, Fussgänger, Schule. Viele von Ihnen linker Provenienz. Nichts gegen diese Persönlichkeiten. Eine ausgewogene Zusammensetzung hätte aber ebenso einen Vertreter des Privatverkehrs erfordert und eine gewichtete Teilnehmerschaft aus bürgerlichen Kreisen.

Wer schon einmal an einem derart umfangreichen Prozess mitgearbeitet hat, weiss, dass die Adressaten des Berichts, zuerst der Stadtrat und nach ihm das Parlament, unmöglich in der Lage sind, konzeptionelle Korrekturen einzubringen. Und zur Zurückweisung der ganzen Arbeit fehlen dann oft die Zeit und der Mut.

So hat Bülach nun ein GVK, das in den Verkehrskollaps führt. Das alte Verkehrskonzept stammt aus einer Zeit, wo Bülach 11‘000 Einwohner zählt. In wenigen Jahren werden 20‘000 Einwohner in Bülach wohnen. Das neue Gesamtverkehrskonzept gibt keine Antwort darauf, wie der Verkehr dann zu bewältigen ist, wenn Bülach Süd und Bülach Nord ausgebaut sind. Die Sackgasse Bahnhofplatz ist nicht im Ansatz gelöst. Die Ost-West-Verbindung inexistent.

Das ganze Konzept optimiert im besten Fall Fussgänger- und Veloverbindungen. Das ist nicht schlecht, aber sicher nicht genügend. Die fehlende Weitsicht ist keineswegs erstaunlich, wenn man die einseitige Zusammensetzung der Kommission zur Kenntnis nimmt und in der Folge auch noch konstatieren muss, dass die „Experten“ des zugekauften Ingenieurbüros ebenfalls eher der grünen Linie folgen.

Das Nachfolgeprojekt „Zentrumsdurchfahrt“ ist bereits die fatale Folge des GVK: Hohe Kosten, kein Problem gelöst, Staus vorprogrammiert.